
,,Wir sind zu Großem fähig” – Mitch O´Keefe im Interview
Die Nürnberg Ice Tigers starten am Freitag in die die neue Saison gegen die Augsburger Panther. Erstmals seit 2019 starten die Franken mit einem Heimspiel in die Spielzeit. Bevor es ernst wird, hat sich Headcoach Mitch O´Keefe den Fragen von Eishockey-Online Redakteur Luca Schindler gestellt. Er hat eine klare Vision für die Penny DEL 2025/26.
Luca Schindler: Mitch wie war die Sommerpause?
Mitch O´Keefe: Ja, der Sommer war ein bisschen lang, gegen Ende wurde es langweilig, deshalb war es schön, wieder zurück zur Arbeit zu kommen. Aber es war gut, die Familie und Freunde zu Hause zu sehen und endlich Zeit in unserem Haus zu verbringen – letztes Jahr hatten wir dafür kaum Gelegenheit. Es war also schön, ein wenig zu entspannen. Ja, habe ich auch gemacht. Es war gut, einfach mal runterzufahren. Es hat ungefähr einen Monat gedauert, bis ich wirklich abschalten und über die Saison nachdenken konnte. Insgesamt war es eine sehr solide Pause, eine gute Erholung.
Luca Schindler: Natürlich warst du enttäuscht, als ihr gegen Ingolstadt ausgeschieden seid. Denkst du, ihr hättet das Finale erreichen können?
Mitch O´Keefe: Ja, alles ist möglich, wenn man den richtigen Weg geht. Man braucht etwas Glück in den Playoffs, gutes Torhüterspiel – es muss schon ein bisschen ein „Perfect Storm“ sein, damit man den Titel holt. Aber ich glaube fest daran, dass wir zu Großem fähig sind. Entscheidend ist, wie wir manche Spiele gemanagt haben. Zum Beispiel im ersten Spiel, als wir 2:0 geführt haben – da darf man den Gegner nicht mehr zurück ins Spiel lassen. In den Playoffs musst du solche Spiele zumachen. Das war letztes Jahr ein Problem: wir hatten Führungen und haben die Gegner durch Puckverluste zurückkommen lassen. Aber wir sind ein junges Team, das muss man lernen. Die jungen Spieler haben sich stark entwickelt, man sieht ihre Fortschritte. Jetzt verstehen sie besser, wie man Spiele managt. Das sprechen wir aktuell in den Einzelgesprächen auch an – Fehler vom letzten Jahr dürfen sich nicht wiederholen, jeder muss Verantwortung übernehmen.
Luca Schindler: Die Jungs sind jetzt seit ein paar Wochen wieder auf dem Eis. Hat dich jemand besonders überrascht?
Mitch O´Keefe: Es braucht Zeit, bis der Rost abgefallen ist. Man kann nicht einfach dort anknüpfen, wo man aufgehört hat. Spieler müssen sich Systeme wieder einprägen, Automatismen auffrischen. Wir hatten noch nie die komplette Aufstellung in einem Testspiel, wir mussten viel improvisieren und dabei trotzdem lehren. Mit nur drei Reihen zu trainieren ist hart – die Spieler sind müde, machen Fehler. Deshalb mussten wir es dieses Jahr wirklich langsam angehen, quasi bei null anfangen. Das hilft aber: Neue Spieler lernen so unser System, und die alten werden erinnert, was unsere Identität ist.
Luca Schindler: Du warst selbst Torhüter – was hältst du von Evan Fitzpatrick?
Mitch O´Keefe: Evan war für mich die größte Überraschung. Er ist extrem ruhig, sehr strukturiert und groß im Tor. Das gibt unseren Spielern Sicherheit. Sie wissen, dass sie ihm den Schuss geben können, und er ist da. Das macht uns stabiler und gibt Selbstvertrauen. Auch Niklas Treutle sieht gut aus, er hat hart gearbeitet. Seine Verletzungen haben ihm einen Dämpfer verpasst, aber jetzt hat er wieder den Ehrgeiz, die Nummer 1 zu sein. Ich freue mich, beide über die Saison zu sehen.
Luca Schindler: In der Defensive habt ihr große Spieler wie Julius Karrer, Constantin Braun oder Jakob Weber. Was bringt Neuzugang Jakob Weber mit?
Mitch O´Keefe: Natürlich ist es schwer, Haden Shaw zu ersetzen. Aber Jakob hat ein riesiges Potenzial. Er ist kein bulliger Verteidiger, der alles wegschiebt, sondern ein spielstarker Verteidiger mit toller Übersicht und Breakout-Pässen. Für einen 21-Jährigen ist er schon sehr reif. Mit der Unterstützung der älteren Spieler kann er sich zu einem Top-Verteidiger in dieser Liga entwickeln.
Luca Schindler: Sprechen wir über die jungen Spieler – Thomas Heigl zum Beispiel. Er hatte letzte Saison drei Tore, jetzt im Testspiel schon drei in einem Spiel. Könnte er eine Breakout-Saison haben?
Mitch O´Keefe: Ja, absolut. Junge Spieler bekommen bei uns mehr Eiszeit als bei anderen Klubs. Sie spielen Powerplay, Unterzahl und wichtige Minuten. Das ist wichtig für ihre Entwicklung – und für unseren Erfolg. Letztes Jahr haben sie viel gelernt, was Struktur und Tempo betrifft. Dieses Jahr müssen sie den nächsten Schritt machen, und ich bin sicher, dass sie das schaffen. Das ist kein Druck, sondern eine Erwartung, weil wir wissen, was sie können.
Luca Schindler: Bei den Neuzugängen habt ihr ebenfalls Tyler Spezia und Greg Meireles geholt. Greg Meireles hat schon in den Testspielen getroffen. Könnte er Jeremy McKenna ersetzen?
Mitch O´Keefe: Eins zu eins lässt sich McKenna nicht ersetzen. Er war ein Shooter, ein Ausnahmespieler. Meireles bringt dafür mehr Speed, er ist kompletter, spielt über 200 Fuß, arbeitet hart nach hinten, ist erbarmungslos im Forecheck. Dazu ist er charakterlich stark – ein absoluter Teamspieler. Ich glaube, dass unsere neuen Spieler insgesamt vielseitiger sind als die, die gegangen sind. Sie bringen mehr in beide Richtungen, was uns als Team besser macht.
Luca Schindler: Spezia und Meireles: Wolltet ihr gezielt mehr Geschwindigkeit ins Team bringen oder liegt der Fokus erstmal auf der Defensive?
Mitch O´Keefe: Wir starten immer mit dem Forecheck und der Arbeit gegen die Scheibe. Um Teams mit Tempo zu schlagen, musst du Pucks managen können. Die neuen Spieler passen besser zu unserem Spielstil. Sie ergänzen unser System und unsere Identität: hart zu spielen, schnell, mit hohem Tempo. Ich finde, die Teams, die am meisten Tempo machen, dominieren am Ende die Spiele.
Luca Schindler: Letztes Jahr hast du gesagt, du willst dass die Kritiker falsch liegen. Viele Experten sahen euch in den letzten Jahren als Abstiegskandidaten. Dieses Jahr sprechen auch die Kritiker von den Playoffs. Haltet ihr das für realistisch?
Mitch O´Keefe: Ja, das ist unser Ziel. Aber das beginnt mit Konstanz in unserem Spiel. Letztes Jahr war es unglaublich eng, ein ständiger Kampf, ein ständiger Druck. Ich brauchte deshalb auch meine Sommerpause, um wieder Energie zu tanken. Jetzt haben wir die Erfahrung, wissen, wie hart es war und ist. Diesmal geht es darum, mit den Erwartungen umzugehen. Wir wollen den Druck nicht auf uns selbst legen, sondern den Gegnern – vor allem in unserem eigenen Stadion.
Luca Schindler: Kannst du eine Prognose abgeben, wo die Ice Tigers am Ende landen werden?
Mitch O´Keefe: Wenn man zu sehr nach vorne schaut, verliert man den Fokus auf das Hier und Jetzt. Wir müssen auf das achten, was wir täglich kontrollieren können. Das bringt uns unserem großen Ziel näher. Es gibt Dinge, die außerhalb unserer Kontrolle liegen – zum Beispiel, dass wir aktuell wegen Verletzungen nicht genug Spieler im Training haben. Deshalb gilt: Tag für Tag das Beste aus den Gegebenheiten machen.
Luca Schindler: Ihr habt letzte Woche das Vorbereitungsturnier in Kaufbeuren gespielt. Was hast du daraus mitgenommen?
Mitch O´Keefe: Vor allem, dass wir mit vollem Kader endlich so spielen konnten, wie wir wollen: mehr schießen, mehr Tempo machen, härter im Forecheck sein. Ich habe gesehen, dass die Jungs unser Spiel konsequent umsetzen können. Wenn wir mit Tempo und Intensität spielen, macht es allen Spaß – den Spielern, den Fans und auch mir als Trainer. Halbherzige Einsätze mag ich nicht, das bringt nur schlechte Körpersprache. In Kaufbeuren haben wir gezeigt, dass wir unser Spiel spielen können – ohne Ausreden.
Luca Schindler: Einige Leistungsträger wie Barratt, Headrick, Maier und Haiskanen haben verlängert. Wie wichtig ist es, mit fast der gleichen Mannschaft weiterzuarbeiten?
Mitch O´Keefe: Sehr wichtig. Zum ersten Mal in meiner Karriere habe ich fast denselben Kader wie im Vorjahr. Die Beziehungen zu den Spielern sind da, man weiß, was man aneinander hat. Die Jungs kennen unser System, und wir können auf diesem Fundament aufbauen. Gleichzeitig sind diese Spieler jetzt auch in der Verantwortung, mehr Führung zu übernehmen, die neuen Jungs an die Hand zu nehmen und in der Kabine voranzugehen. Es ist ihr Team – sie müssen es in die richtige Richtung führen.
Bericht von: Luca Schindler | Foto: Birgit Eiblmaier
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