
Giovanni Willudda – Der Fitness Coach der Straubing Tigers im Interview
Er ist seit über sieben Jahren für die Fitness der Profis bei den Straubing Tigers zuständig. Giovanni Willudda hat viel zu tun, denn die Spieler trainieren an ihrer Fitness quasi das ganze Jahr. Zudem kommt es jährlich zu Veränderungen im Kader. Hier muss sich der Fitness Coach nicht nur auf neue Spieler und Charaktere einstellen, sondern auch blitzschnell die Stärken und Schwächen der Neuzugänge analysieren, um sie auf das höchste Niveau bringen zu können. Wir haben uns mit ihm mal darüber unterhalten, wie seine Beliebtheitswerte im Team sind und wie umfangreich seine Arbeit ist.
Eishockey Online: Giovanni, Sie dürften wohl nicht zu den beliebtesten Coaches im Staff der Tigers gehören. Immerhin müssen die Spieler bei ihrem Training an die Schmerzgrenze gehen oder etwa nicht?
Giovanni Willudda: “Ganz so schlimm ist es nicht. Natürlich ist nicht jeder glücklich, wenn er nach der Einheit auf dem Eis noch zu mir kommt. Da hängt dem einen oder anderen schon mal die Zunge heraus. Aber alle sind Profis und sie sehen, dass es sich für sie auch auszahlt. Vor allem dann, wenn man als Team gemeinsam Erfolg hat.”
Eishockey Online: Für die Spieler endet die Saison meistens im April oder Anfang Mai. Danach geht es erst einmal in den wohlverdienten Urlaub. Ab wann kommen die Jungs wieder in den Genuss deines Fitnesstrainings?
Giovanni Willudda: “So viel Zeit vergeht da gar nicht, wie man meint. Natürlich sage ich zu den Spielern, dass sie mal zwei bis drei Wochen den Kopf frei bekommen sollen und andere Dinge machen können. Jedoch ziehe ich mein Programm, das auf zwölf Wochen ausgelegt ist, schon sehr früh durch. Diese Saison haben wir am 5. Mai wieder begonnen. Da bildet sich dann immer eine Gruppe, die ich hier vor Ort habe. Meistens sind es 10 – 15 Spieler. Später startet dann auch das Sommercamp für das komplette Team.”
Eishockey Online: Wie sieht es da bei Spielern aus, die von Jason Dunham im Sommer aus der AHL verpflichtet werden? Können die sofort in dein Programm einsteigen?
Giovanni Willudda: “Hier nehme ich ganz schnell Kontakt zum Spieler in Nordamerika auf, damit wir uns kennenlernen können. Natürlich informiere ich mich über deren Training in Übersee und lasse mir auch ihre Trainingspläne zukommen, damit ich diese abgleichen kann. Die meisten Spieler dort trainieren in kleinen Gruppen mit Personal Coaches und sind auf einem guten Level. Bei dem einen sieht man, dass man gar nicht viel verändern muss und bei einem anderen Spieler nimmt man mal eine Übung raus und baut eine andere ein. Das wird dann individuell auf den Spieler abgestimmt.”
Eishockey Online: Wie abgestimmt ist dein Plan auf die Positionen der Spieler? Als Fan denkt man sich, dass der Verteidiger einen guten Schlagschuss haben muss und der Stürmer sollte möglichst schnell und flink sein.
Giovanni Willudda: “Ich gehe da gar nicht so sehr auf die Positionen der Spieler ein. Ich gehe mehr an die Defizite der Profis ran, um diese zu verbessern. Ein Grundgerüst gibt es für jeden und dann arbeitet man mit dem einen Spieler an der Schnelligkeit und mit dem anderen baut man die körperlichen Masse auf.”
Eishockey Online: Eine Saison wird für kein Team der Liga ohne Verletzungen verlaufen. Wie werden die Spieler nach einer Verletzung wieder an das Team herangeführt?
Giovanni Willudda: “Da läuft bei uns alles Hand in Hand. Zuerst wird vom Teamarzt die genaue Verletzung festgestellt. Dann sind unsere Physiotherapeuten im Reha Zentrum gefragt, mit denen ich dann im täglichen Austausch stehe. Nehmen wir als Beispiel eine Adduktorenverletzung. Hier kümmern sich die Therapeuten zuerst um den Spieler und ich übernehme dann bis zu seinem nächsten Einsatz. Wenn es sich um eine Schulterverletzung handelt, kann ich unverzüglich mit dem Beintraining weiterarbeiten, aber der Oberkörper wird dann wieder im Reha Zentrum behandelt, bis der Spieler wieder bereit ist.”
Gio ist mit seinen Jungs im ständigen Austausch
Eishockey Online: Die Penny DEL hat mit Max Penkin (16j.) seit diesem Wochenende den neuen jüngsten Torschützen der Liga. Wie weit sind junge Spieler in so einem Alter, um sich gegen gestandene Profis behaupten zu können?
Giovanni Willudda: “Pauschal kann man das in dem Alter nicht sagen. Es gibt Spieler, die körperlich reifer sind und andere haben noch einen etwas längeren Entwicklungsprozess vor sich. Das Tor war natürlich überragend gemacht, aber in den Ecken wird er sich noch nicht immer durchsetzen können. Ich habe in meiner Zeit bei den Tigers einige Spieler betreut, die mit einem unfertigen Körper gekommen sind und den Schritt dann mit ca. 20 oder 21 Jahren zu einem robusten Body geschafft haben. In dieser Phase setzt sich oft der körperliche Wechsel bei einem Spieler durch.”
Eishockey Online: Ab wann geht es eigentlich im Nachwuchs los mit dem Fitnesstraining?
Giovanni Willudda: “In der Regel haben mittlerweile alle hier im Nachwuchs ihr Off-Ice Training. Natürlich läuft nicht gleich alles mit einem Gewichte heben ab, aber man kann durchaus eine gute Basis schaffen. Wenn man den Körper mit verschiedenen Übungen zwischen Brust und Knie stärkt, schadet das in keinem Alter, solange die Übungen altersgerecht durchgeführt werden.”
Eishockey Online: Giovanni, Sie sind im achten Jahr bei den Tigers. Das bedeutet, dass sie bisher nur Tom Pokel als Headcoach erlebt haben. Wie war die Umstellung für Sie auf den neuen Trainer Craig Woodcroft?
Giovanni Willudda: “Durch den Trainerwechsel während der letzten Saison, hatten wir etwas Zeit uns kennenzulernen und konnten viele Dinge besprechen. Ich habe schnell gemerkt, was Craig von mir fordert. Für mich persönlich als Fitness Coach war das ein großer Sprung nach vorne, weil er noch mehr Wert auf Fitness und Athletik legt. Das gibt mir in meiner Planung noch mehr Spielraum.”
Eishockey Online: Vorher haben wir uns über die jungen Spieler unterhalten. Jedes Team lebt aber auch von der Erfahrung der älteren Spieler, wie z.B. einem Mike Connolly. Gehen diese Spieler anders mit ihrer Fitness um?
Giovanni Willudda: “Bei den Spielern über 30 merkt man schon den Unterschied zu einem 20-jährigen. Diese Spieler wissen genau, was gut für ihren Körper ist und was nicht. Die sagen mir dann auch, dass sich eine Übung für sie nicht so gut anfühlt und dann bauen wir dafür eine andere Übung ein. Das Level wird dann für den Spieler besser angepasst. Ältere Profis schauen auch viel mehr auf ihre Regeneration. Die wissen genau was sie brauchen, denn der Körper eines Spielers über dreißig regeneriert anders, als von den jungen Spielern.”
Eishockey Online: Gibt es in deiner Zeit bei den Tigers einen Spieler, der dich so richtig überrascht hat mit seiner Performance?
Giovanni Willudda: “Ich würde nicht behaupten, dass mich ein einzelner Spieler überrascht hat. Ich merke das vor allem im Sommer. Da ist immer eine spezielle Dynamik in der Gruppe. Hier pusht jeder den anderen und sie motivieren sich gegenseitig. Über die Zeit war natürlich Sandro Schönberger ein Typ, der immer vorangegangen ist. Doch auch jetzt gibt es wieder Spieler wie z.B. einen Linus Brandl, der einen weiteren großen Sprung gemacht hat.”
Nach dem Interview ging es für “Gio”, wie er von seinen Spielern genannt wird, gleich wieder in die Kabine. Das Eistraining war bereits beendet und der ein oder andere Spieler wird vielleicht nicht ganz glücklich gewesen sein, seinem Fitness Coach noch über den Weg zu laufen.
Bericht von: Markus Altmann | Foto: Citypress
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